Die Morgenkolumne von ZEIT ONLINE
Fünf vor acht
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Diese bizarre Bromance

Donald Trump kauft einen Tesla von Elon Musk, der sich mit miesen Aktienkursen, Protesten und Steve Bannon herumärgern muss. Wie lang hält der Präsident noch zu ihm?

Eine Kolumne von Rieke Havertz

Nun wird das Weiße Haus auch noch zum Autohaus. Donald Trump verscherbelt Ansehen und Reputation der Vereinigten Staaten ohnehin, seit er im Oval Office sitzt. Warum nicht auch noch das. Und weil Trumps Welt derzeit so eng mit der von Elon Musk verknüpft ist, will der US-Präsident gern helfen. Denn es gibt da aus Trumps Sicht eine "small group of people", ein paar wenige Leute, die nicht nett sind zu Musk. Dem reichsten Mann der Welt, der gerade ohne gewähltes Mandat für Trump den US-amerikanischen Staat auseinandernimmt.

Dagegen protestieren immer mehr Menschen. Etwa indem sie keine Tesla-Autos mehr kaufen, vor Verkaufsräumen protestieren und sie manchmal demolieren, oder Musks Plattform X verlassen. Die Folge: Die Tesla-Aktie verliert stark an Wert und der Reichtum von Musk ist nicht mehr ganz so unermesslich. 8,8 Milliarden US-Dollar seines Privatvermögens hat er laut Forbes an einem einzigen Tag eingebüßt.

Und in dieser bizarren, für die USA gefährlichen Bromance zwischen Trump und Musk muss der eine dem anderen selbstverständlich zu Hilfe eilen. Um Inflation und Lebensmittelpreise kümmert sich der Präsident dagegen vor allem in Form seiner Flipflop-Zollpolitik, die weder für Beruhigung noch für niedrigere Preise sorgt. Im Februar ist die Inflation in den USA im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,8 Prozent gestiegen. Etwas weniger stark, als ob der unsicheren Wirtschaftspolitik erwartet worden war. Eine Rezession jedoch schließt auch Trump selbst nicht aus.

Aber zurück zu drängenderen Problemen: dem unzufriedenen Oligarchen, der Trump den Wahlsieg mitfinanziert hat. Trump kündigte aus Solidarität mit Musk auf seiner Plattform Truth Social an, einen Tesla kaufen zu wollen. Wenige Stunden später ließ er die Autos vor das Weiße Haus stellen. Leasen oder kaufen, wurde Trump von einem Reporter gefragt, ein mittelguter Scherz. "Ich bin hier, um zu kaufen", sagte Trump, als würde er tatsächlich bei einem Händler im Washingtoner Vorort Bethesda stehen. Musk stand mit seinem Sohn daneben und freute sich, als Trump ihn und seine Autos "made in America" lobte, und dann noch sagte, dass Musk noch nie etwas von ihm verlangt habe. Nun, gerade bekommt er, was Einfluss und Entscheidungsfreiheiten angeht, auch beinahe alles vom Präsidenten.

Fox-News-Moderator Sean Hannity verkündete wenig später live im Gespräch mit Fox-News-Kollegin und Trump-Schwiegertochter Lara Trump, ebenfalls einen Tesla kaufen zu wollen. Hannitys Kaufbeleg teilte Trump auf Truth Social. Solidarität unter Männern.

Doch auch die ist nicht grenzenlos. Und diejenigen, die Musk kritisieren, sind nicht nur die verrückten Linken, wie Trump es darstellt. Auch innerhalb des eigenen Zirkels gibt es Friktionen unter den Männern, die dem Präsidenten gern die ideologische Richtung vorgeben würden. Oder wie im Fall von Außenminister Marco Rubio irgendwie versuchen, den Job gut zu machen, für den Rubio seine Integrität als Republikaner geopfert hat.

Die New York Times hat detailliert über ein Treffen im Weißen Haus berichtet, bei dem Musk Rubio vorgeworfen haben soll, noch niemanden im Außenministerium gefeuert zu haben. Der wiederum Musk sarkastisch fragte, ob er die Mitarbeitenden, die Abfindungen akzeptiert hätten, wieder einstellen solle, nur um sie öffentlichkeitswirksam entlassen zu können. Trump nahm Rubio schließlich in Schutz. Verteidigte aber auch Musks Arbeit und die seiner DOGE-Truppe, der sogenannten Behörde für mehr Regierungseffizienz.

DOGE vs. MAGA

Rubio wiederum hatte sich schon vor Wochen brüskiert gefühlt, als Trump die Entwicklungshilfebehörde USAID zunächst unter Rubios Kontrolle stellte, sie dann aber durch Musk de facto abwickeln ließ. In dieser Woche durfte Rubio verkünden, dass 83 Prozent der bislang geleisteten Hilfe von USAID eingestellt werden, den kleinen Rest darf der Außenminister unter seiner Aufsicht verwalten. Er näherte sich zumindest öffentlich wieder Musk an, nur wenige Stunden bevor der seine Autoshow im Weißen Haus aufführen durfte. "Wir danken DOGE und den fleißigen Mitarbeitern, die viele Stunden gearbeitet haben, um diese überfällige und historische Reform zu erreichen", schrieb Rubio auf X.

Der Außenminister ist wieder auf Bromance-Linie gebracht. Bleibt noch der Showdown DOGE vs. MAGA. Denn auch Steve Bannon, Rechtsaußen-Ideologe und Sprachrohr für die radikale Make-America-Great-Again-Basis, ist mit Musks Platz an Trumps Seite – den Bannon in Trumps erster Amtszeit selbst einen Moment lang eingenommen hatte – nicht glücklich. Es ist ein Konflikt, der schon länger schwelt. Denn Musk ist vieles, aber kein MAGA-Ideologe in Reinform. Musks Handlungen sind von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen geprägt, gespickt mit vielen der rechten Schlagworte und Feindbilder, die Bannon und die MAGA-Basis verfolgen. Und die sie umgesetzt sehen wollen. Musk könnte da ein Querschläger sein.

Trump hat es in seinem Wahlkampf geschickt verstanden, eine breite Koalition zu bilden, die er für den Sieg brauchte. Die MAGA-Basis gehört seit 2016 dazu, sie folgt Trump bedingungslos in sein Tal der Lügen. Musk wiederum hat für Trump ein Cashflow-Problem gelöst und gleichzeitig dafür gesorgt, dass X im Wahlkampf von einem sozialen Netzwerk zu einer Propagandamaschine wurde, die über die Basis hinausreichte. Nun muss Trump versuchen, diese Koalition zusammenzuhalten.

Und Bannon macht kein Geheimnis daraus, dass ihm die Vertrautheit zwischen Trump und Musk zu weit geht und der reichste Mann der Welt den mächtigsten Mann der Welt vielleicht eher behindere. "Ich möchte nicht sagen, dass er ein Anker oder ein Fixpunkt ist", zitiert die New York Times Bannon in seiner Sendung War Room. "Das ist es noch nicht, aber es ist ein Trend, der sich langsam auf alle auswirkt."

Es ist nicht das erste Mal, dass Bannon negativ über Musk spricht. Nach der Wahl im Januar sagte Bannon, dass Musk durch sein Geld einen Platz am Tisch verdient habe. "Aber wenn du gerade erst konvertiert bist, dann sitzt du hinten und lernst erst einmal jahrelang, und sagst nicht in der ersten Woche, wie es zu laufen hat … Wenn du das tust, machen wir dich fertig." Für Bannon ist Musk kein reiner MAGA-Gläubiger und wird es nie werden.

Aus dieser Logik heraus kann Musk nicht das Gesicht einer Bewegung werden, die irgendwann, in einer Zukunft nach Trump, eine neue Figur an ihrer Spitze brauchen wird. Laut Medienberichten versucht Trump, Musk und Bannon zusammenzubringen, um ihren Dissens auszuräumen. Stattgefunden haben soll ein Gespräch dazu noch nicht. In einem Interview mit der New York Times Ende Januar sagte Bannon von sich selbst, er sei ein "hardcore populist", Musk hingegen ein "technofeudalistischer Globalist" und am Ende nicht an der Seite der MAGA-Bewegung, wenn es um die kleinen Leute ginge.

So einfach wie der Konflikt zwischen Musk und Rubio wird Trump diesen Streit nicht beenden können. Bannon oder gar Musk fallen lassen aber will der Präsident auch nicht. Wenn dieser Moment kommen sollte, kann sich Musk sicherer sein als Bannon. Denn die MAGA-Basis erreicht auch Vizepräsident J. D. Vance gerade zufriedenstellend, das unerschöpfliche Portemonnaie des Elon Musk ist hingegen schwer zu ersetzen. Der, so wird berichtet, soll damit liebäugeln, 100 Millionen US-Dollar in politische Organisationen zu stecken, die Trump unterstützen. Dafür kann der Präsident auch mal um die 80.000 Dollar für einen Tesla von seinem Bro ausgeben.

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Wir sind Fünf vor acht

Fünf vor acht ist die Morgenkolumne von ZEIT ONLINE. An jedem Werktag kommentieren abwechselnd unter anderem Michael Thumann, Petra Pinzler und Matthias Naß sowie Heike Buchter, Andrea Böhm, Lenz Jacobsen und Mark Schieritz.

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